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Mit der Unterzeichnung des Rahmenabkommens von
Lomé (Accords Cadre de Lomé, ACL) im Juli 1999 waren
einige Regierungen im Ausland schnell dazu geneigt, in diesem Akt
einen Beginn der Beilegung der Legitimationskrise in Togo eingeleitet
zu haben. Offiziell sollte dieses Abkommen eine Brücke zwischen
Regierungs- und Oppositionslager aufbauen, wo der Dialog völlig
zum Erliegen gekommen war, und zugleich den Weg zu freien und transparenten
Wahlen ebnen. Während das erste Ziel zeitweise erreicht werden
konnte, läßt das zweite auf sich warten. Ist dieses Stocken
eine Panne oder steckt womöglich eine geheime Agenda hinter
dem, was einige bereits als Blockade bezeichnen?
Man erinnert sich daran,
daß Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac höchstpersönlich
zur Stelle war, um dieser Unterzeichnung beizuwohnen und als Garant
aufzutreten. Unterzeichner dieses Kompromisses waren die Parteien
Rassemblement du Peuple Togolais (RPT), die Coordination
des Forces Nouvelles (CFN) im Regierungslager, die Union
des Forces de Changement (UFC), das Comité d'Action
pour le Renouveau (CAR), die Convention Démocratique
des Peuples Africains (CDPA), die Parti pour la Démocratie
et le Renouveau (PDR) und schließlich die Convergence
Patriotique Panafricaine (CPP, ehemals UTD, PAD, PDU und UDS).
Schwerpunkte dieses Rahmenabkommens sind die Verpflichtung aller
Parteien, auf Gewalt als Mittel der Politik zu verzichten und die
Forderung nach Wiederholung der Präsidentschaftswahlen vom
Juni 1998 aufzugeben. Als Gegenleistung sollte das Landesparlament
(das gesetzgebende Einkammerhaus ist politisch einfarbig seit dem
Wahlboykott durch die Opposition) vorzeitig im März 2000 aufgelöst
werden. Folglich sollte die Auflösung des Parlaments den Weg
frei machen für neue, transparente Wahlen mit Chancengleichheit
aller Parteien unter der Zuständigkeit einer neuen, durch Regierungs-
und Oppositionslager paritätisch besetzten unabhängigen
Wahlkommission (Commission Electorale Nationale Indépendante,
CENI). Außerdem gab Staatschef General Gnassingbe Eyadema
öffentlich sein "Ehrenwort als Soldat" ab,
keine weitere Amtszeit anzustreben und im März 2003 verfassungsgemäß
in den Ruhestand zu gehen.
Die andere Seite der Medaille
Gleichzeitig hatte die andere Seite der Medaille für Oppositionsanhänger
eher einen bitteren Beigeschmack: Der Wahlsieg eines Kandidaten
aus den Reihen der Opposition bei den Präsidentschaftswahlen
vom Juni 1998 wurde endgültig abgeschrieben und besiegelt,
nachdem bei jenen Wahlen die Streitkräfte mit Gewalt und Einfallslosigkeit
und in Panik die Auszählung der abgegebenen Stimmen unterbrochen
und das Land am Rande der Explosion gebracht hatten.
In der Tat wurden alle Telefaxleitungen, die zur Übertragung
der Auszählungsprotokolle an die Landeswahlkommission CENI
dienten, landesweit in derselben Minute gekappt. Mit nahezu panischer
Eile vernichteten die Streitkräfte die Stimmzettel. Die von
der Regierungspartei aufgestellte Vorsitzende der Wahlkommission
wurde zum Rücktritt gezwungen. An ihrer Stelle trat einige
Stunden später der Innen- und Sicherheitsminister an, der den
" Wahlsieg des Amtsinhabers " verkündete.
Es drängt sich hier der Schluß auf, die Armee hätte
die Stimmauszählung sicherlich nicht verhindert, wenn ein Wahlsieg
des Amtsinhabers General Gnassingbé Eyadema unmittelbar bevorstünde.
Vielmehr konnte zu diesem Zeitpunkt ein deutlicher und unaufhaltsamer
Vorsprung des Kandidaten Gilchrist Olympio (UFC) dokumentiert werden.
Trotz der offensichtlichen Mängel des Abkommens stellte es
in Aussicht, der Republik Togo ein Parlament zu geben, das wirklich
diesen Namen verdient und Präsident Eyadema, der nach einem
blutigen Putsch 1963 vier Jahre später, 1967, die Macht ergriffen
hatte, in Rente zu schicken. Manch einer wies schon - sicherlich
mit Recht - darauf hin, daß die togoische Opposition durch
dieses Abkommen einen legitimierten, greifbaren Wahlsieg gegen diffuse
Versprechungen ausgetauscht hatte. Bedauerlicherweise war es dem
Oppositionslager nicht gelungen, mit einer Stimme zu reden und für
eine Übergangszeit hinter einem Sieger aus ihren Reihen zu
stehen.
Monatelang wurden der neuen paritätischen Wahlkommission (CENI),
die ihre Entscheidungen mit 80% Mehrheit (4/5) trifft, die Mittel
vorenthalten , die sie für ihre Arbeit brauchte. Nach einem
langen Hin und Her über die Festlegung der Wahltermine stellt
nun das politisch einfarbige Parlament fest, die Wahlkommission
habe ihre Aufgaben nicht termingerecht gemacht. Dieser Grund wird
geltend gemacht, um schlußzufolgern, das Wahlgesetz sei unpraktikabel.
Mit diesem scheinheiligen Grund wurde dann das Wahlgesetz durch
jenes politisch einfarbige Parlament geändert, das seit März
2000 hätte aufgelöst werden müssen. Was die Regierungspartei
als "kleine Korrekturen " bezeichnet, ändert
das Wahlgesetz so grundlegend, daß Kandidaten für das
Parlament sechs Monate, für das Präsidentenamt zwölf
Monate, vor dem Wahltermin im Land wohnhaft sein müssen. Ferner
wurde die Begrenzung der Amtszeit des Staatschefs auf zwei Mandate
aufgehoben.
Diese Änderung des Wahlgesetzes verrät zumindest den panischen
Geisteszustand, in der die Regierungspartei den Tag näher rücken
sieht, an dem die Wähler ein Wörtchen mit zu reden haben.
Am Scheideweg
Man erinnere sich an die Ernennung eines Premierministers im Februar
1994, der Mitglied einer winzig kleinen Parlamentsgruppe ohne Fraktionsstatus
war, und dies ohne Rücksicht auf die Mehrheitsverhältnisse.
In folge dessen wurde das Parlament in eine Karikatur von sich selbst
verwandelt und die politisch-ökonomische Blockade in der Arbeit
des Parlaments wie im Land noch akuter.
Man erinnere sich an die Aussage General Eyademas im April 2001
gegenüber Journalisten, er werde "im Fall eines Sieges
der Opposition bei den Parlamentswahlen sich keinen Premierminister
aufzwingen lassen"(Zitat). Mit anderen Worten, er behält
sich vor, das Verdikt aus den Wahlurnen und die Mehrheitsverhältnisse
zu ignorieren. Damit wird es immer deutlicher, daß der togoische
Staatschef solche Verfassungsbrüche lediglich als Kavaliersdelikte
betrachtet.
All dies dürfte jedem genügend Entscheidungsgrundlagen
geben, um sich ein eigenes Urteil über die Glaubwürdigkeit
des "Ehrenwortes eines Generals vom Juli 1999" heute und
in Zunkunft zu bilden. All dies belegt, daß der Machthaber
im Palast von Lomé II gar nichts von den Texten verstanden
hat, die unsere Verfasung beinhaltet, und wer glaubt, daß
Gnassingbé Eyadema seine Verpflichtungen einlöst, der
kann noch lange warten. Es sei denn, er wird mit allen Mitteln,
die das Völkerrecht bietet, oder durch den Druck von der Straße
dazu gezwungen. Denn es darf bezweifelt werden, daß freie
und transparente Wahlen in Togo möglich sind, solange Eyadema
an der Macht ist.
Gegenüber dieser Änderung des Wahlgesetzes reagiert die
Opposition schon wieder ziemlich uneinheitlich. Die Reaktionen reichen
vom komplizenhaften Schweigen über leichte Proteste bis hin
zu Aufrufen zum Kampf. Jacques Chirac, der einstige politische Garant
dieses Abkommens, glänzt nun im Pariser Elysée-Palast
durch sein Schweigen. Sein Politkontrahent Lionel Jospin vermeidet
es es wie die Pest, sich zu tief einzumischen. In Wahlzeiten weiß
man ja nie ...
Wie auch immer die Lösung aussehen soll, sie sollte von den
Togoern selbst kommen. Jede Togoerin, jeder Togoer im In- wie Ausland
sollte von seinem unveräußerlichen Recht auf Einmischen
Gebrauch machen, jenem Recht, das übrigens auch ein geflicktes
Wahlgesetz einem nicht wegzunehmen vermag und noch weniger durch
ein Parlament ohne Legitimation ...
Hier an dieser Stelle sollte unterstrichen werden, daß Eyadema
die togoische Verfassung mit Waffengewalt aber auch mit der Komplizenschaft
von Personenkreisen bricht, die sich zeitweise im Oppositionslager
sehen, dessen politischer Horizont aber nur bis zum nächsten
Ministersessel reicht. Daher sollte es nicht überraschen, wenn
einem plötzlich eine Parteiengruppierung über den Wege
läuft, die sich als "oppositionelle" bezeichnet,
die aber dessen Umgruppierung direkt im Labor von Lomé II
entstanden ist. Dann behaupten sie auch gleich " sie hätten
bis vor kurzem einen Maulkorb gehabt ", ohne zu sagen durch
wen. Wer sein politisches Schicksal unbedingt mit dem Eyademas verknüpfen
möchte, dem kann man nicht mehr helfen. Denn schließlich
ist jeder für seine Handlung selbst verantwortlich.
Adama Logosu-Teko
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Eine Analyse von:
Adama LOGOSU-TEKO
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