Brüssel, 28. Juni 2002: (taz) Die EU-Kommission beschrieb
es als "Privatbesuch" und auf der offiziellen Tagesordnung
war das Ereignis nicht zu finden: Das Treffen zwischen EU-Kommissionspräsident
Romano Prodi und dem Präsidenten von Togo, Gnassingbé
Eyadema, am Montag im Amtssitz der EU-Kommission in Brüssel.
Die EU-Zusammenarbeit mit dem westafrikanischen Land ist eigentlich
seit 1993 wegen mangelnder Fortschritte bei der Demokratisierung
eingefroren.
Der Zeitpunkt war pikant. Erst Anfang dieses Monats strich die EU
ihre Gelder für den Dialog zwischen Staatsmacht und Opposition
in Togo, weil die Regierung zu Jahresbeginn die unabhängige
Wahlkommission in Togo aufgelöst hat. In ihren Erklärungen
äußert sich die EU über die Lage in Togo "sehr
besorgt". Als im Jahr 2000 in der togoischen Hauptstadt
Lomé die Erneuerung der "Lomé-Verträge"
über die Zusammenarbeit mit den ehemaligen europäischen
Kolonien in Afrika, der Karibik und dem Pazifik (AKP-Staaten), anstand,
wurde der Gipfel nach Benin verlegt, und die neuen AKP-Verträge
heißen nun "Cotonou-Verträge".
Prodi hat sich gegenüber Eyadema jetzt offenbar nicht von der
offiziellen EU-Haltung entfernt. Er verlangte von seinem Gast, "schnell
demokratische Wahlen zu organisieren", auf der Grundlage
bestehender Vereinbarungen mit der Opposition, zu denen die Existenz
einer unabhängigen Wahlkommission gehört. Von einer Wiederaufnahme
der Entwicklungshilfe sei keine Rede gewesen, heißt es in
Prodis Umfeld. Doch Eyadema selbst hat aus dem Gespräch Kapital
geschlagen. Togos Außenminister Koffi Panou sagte, der Empfang
sei "ein diplomatischer Durchbruch".
Eyademas Besuch bei Prodi erfolgte nach einem Besuch bei seinem
Freund und Amtskollegen Jacques Chirac, der offenbar den EU-Chef
bat, seinen Gast zu übernehmen. Togoische Oppositionelle fragen
sich, wieso Prodi das gemacht hat, wenn er dem Präsidenten
nur sagte, was ohnehin Beschlusslage ist. 200 von ihnen kamen aus
mehreren europäischen Ländern, um gegen den Besuch zu
demonstrieren.
EU-Beamte sind pikiert über Prodis Alleingang. "Es ist,
als hätte Prodi versucht, Pinochet im Gefängnis zu besuchen",
sagt einer. Die EU-Staaten wurden nicht konsultiert, die zuständigen
EU-Kommissare nicht formell einbezogen. Schon zu Beginn seines Mandats
hatte Prodi sich ähnlich in die Nesseln gesetzt, als er den
libyschen Revolutionsführer Muammar Gaddafi per Telefon nach
Brüssel einladen wollte. FRANÇOIS MISSER (taz)
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