Nairobi/Lomé - "Afrikas dienstältester
Staatschef tickt nicht richtig", kritisieren Oppositionspolitiker
des westafrikanischen Landes Togo ihren Präsidenten Gnassingbé
Eyadéma. Auch der Verkauf von Armbanduhren, deren Ziffernblatt
sein Konterfei alle 15 Sekunden beleuchtet, ändere daran nichts.
Der Machthaber sorgt erneut für Unmut: Aus Protest gegen seinen
autoritären Stil rief die Opposition geschlossen zu einem Boykott
der Parlamentswahlen am 27. Oktober auf. Im einstigen deutschen
Protektorat und der späteren französischen Kolonie Togoland
herrscht nach Meinung von Eyadémas Kritikern eine Diktatur.
Neun Vertreter von Parteien und Organisationen hatten am 10. Oktober
eine Erklärung unterzeichnet, in der sie gegen anstehende unfreie,
nicht transparente und undemokratische Wahlen protestieren. "Die
Regierungspartei setzt alles daran, die politische Krise eskalieren
zu lassen und einer gesellschaftlichen Explosion den Weg zu bereiten",
warnen nicht nur sie. Auch ein Vertreter der Reformkräfte innerhalb
der Regierungspartei unterzeichnete das Dokument.
Über den wachsenden Zorn der Bevölkerung täuscht
auch die "Präsidentenbejubelungseinheit" von rund
1000 Frauen nicht mehr hinweg, die den Autokraten bei den meisten
öffentlichen Auftritten mit Tänzen und Huldigungen empfängt.
Vor den Parlamentswahlen prägen große gesellschaftliche
Spannungen das kleine westafrikanische Land an der ehemaligen so
genannten Sklavenküste. Die von internationalen Organisationen
als menschenrechtsverachtend ausgewiesene Politik des 65-jährigen
Eyadéma vergrätzte in den vergangenen Jahren viele Geber.
Die meisten der rund fünf Millionen Togoer, die sich hauptsächlich
von Kaffe-, Kakao- und Baumwollproduktion ernähren, leben in
Armut.
Eyadéma selbst bereicherte sich in einem Stil, den seine
Kritiker der "Kleptokratie" seines verstorbenen guten
Freundes und langjährigen Herrschers von Zaire (heute Kongo)
Mobutu Sese Seko gleichsetzen. Einem Journalisten drohen derzeit
vier Jahre Gefängnis, weil er den Staatschef in einer Tageszeitung
als einen der reichsten Männer der Welt beschrieb. Vor zwei
Jahren verdächtigten ihn die Vereinten Nationen, sein Vermögen
mit angolanischen "Blutdiamanten" aufzupolieren.
Der Staatschef, der bereits erklärt hat, er wolle im nächsten
Jahr in den Ruhestand gehen, hat den Armeeputsch auf dem Kontinent
eingeführt. Der einstige Sergeant zettelte 1963 den ersten
Militärcoup im unabhängigen Afrika an. Vier Jahre nach
der Ermordung des gestürzten Präsidenten Sylvanos Olympio
ließ Eyadéma sich dann 1967 zum Staatschef küren.
Nach Auflösung aller politischer Gruppierungen führte
er den Einparteienstaat ein. 1972 ließ er sich durch ein Referendum
in seinem Amt bestärken: Unter den Augen von Soldaten seiner
Armee stimmten die Togoer mit farbigen Karten ab - mit 99 Prozent
für den Staatschef.
Auf wachsenden Druck des Auslandes hin ließ Eyadéma
1991 zwar formal andere Parteien als seine regierende "Versammlung
des Togoischen Volkes" (PRT) zu und demokratisierte die Verfassung
ein Jahr später. Faktisch ließ er sich jedoch nicht in
seinem autoritären Führungsstil beirren. Im Zuge der umstrittenen
Präsidentenwahl 1998 wurden nach Vorwürfen der Menschenrechtsorganisation
Amnesty International Hunderte von Regierungskritikern getötet.
Eyadéma setzte seine Wahl gegen den nach Ansicht unabhängiger
Wahlbeobachter wahren Sieger, den Sohn des geputschten Unabhängigkeitspräsidenten,
Gilchrist Olympio, durch.
Aus Protest gegen Wahlfälschungen fand schon die bisher letzte
Parlamentswahl im März 1999 ohne Kandidaten der wesentlichen
Oppositionsparteien statt. Im vergangenen Jahr schließlich
näherten sich Opposition und Regierung etwas an. Eine gemeinsame
Wahlkommission einigte sich auf eine neue Wahlordnung. Durch nur
solange, bis Eyadéma Gründe fand, das Abkommen für
ungültig zu erklären.
©dpa
261110 Okt 02
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